Leise spielt das Radio. Rolf und ich konzentriert über sein geliebtes Backgammon-Brett gebeugt. Ab und an nimmt man einen Schluck Kaffee und einen Zug aus der Dampfe.

Egal, wie die Partie ausgehen mag, gewonnen haben wir beide schon jetzt. Denn es ist so ein verdammtes Glück, dass Rolf mir überhaupt heute noch gegenüber sitzen kann. – Sogar in einem wesentlich besseren gesundheitlichen Zustand, als noch vor einem Jahr.

Er ist acht Jahre älter. Wir kamen in den Achtzigern zusammen und haben acht Jahre später geheiratet. – Beides starke Raucher.

Als die Preise für Zigaretten in unverschämte Höhen stiegen, kauften wir uns eine Maschine. Mittels einer langen Spirale befördert sie den kleingehäckselten Tabak in die Hülsen.

Doch die wöchentlich vier Stunden Arbeit damit begann ich zu bedauern und stieg daher auf preiswerte Zigarillos um. Rolf zog etwa ein Jahr später nach.

Ende 2010 bin ich aus recht pragmatischen Gründen vom Rauchen aufs Dampfen umgestiegen: der Gewohnheit frönen können, ohne Gilb und Gestank.

Dass Rolf acht Jahre später dann auch noch umsteigt, damit hatte ich fast nicht mehr gerechnet.- Fast, denn ehe 2014 das Dampfen reglementiert wurde, da habe ich sicherheitshalber sehr wohl gerechnet. – Dass ich genügend Hardware und Bunkerbase hamstere, die gegebenenfalls für uns beide noch viele, viele Jahre reichen.

Rolf machte allerdings überhaupt keine Anstalten, aufs Dampfen zu wechseln. Und ich war ihm gegenüber diesbezüglich recht vorsichtig. Es reicht schließlich, wie menschenverachtend sich die Gesellschaft da draußen plötzlich gegenüber Rauchern verhält. Er sollte wenigstens zuhause seinen Frieden haben.

Nur manchmal kam ich an, er möge von dieser oder jener Geschmacksrichtung probieren. – Ihm schmeckte der Dampf einfach nicht.

Zwei unkomplizierte Podsysteme drapierte ich griffbereit auf dem Wohnzimmertisch. So könnte er beispielsweise auch in meiner Abwesenheit probieren, hoffte ich heimlich. Und wenn Rolf während des Fernsehens zum Rauchen raus ging, blieb ich genüsslich dampfend sitzen.

Im Sommer schloss ich wegen seines unbewussten Dauerräusperns schon mal entnervt das Fenster zur Terrasse.

Kaum kündigte sich der Winter an, war der Ärmste auch schon erkältet. – Und dieser verflixte Husten wurde nicht nur schlimmer, er dauerte von mal zu mal länger.

In der Küche richtete ich Rolf daher eine gemütliche Raucherecke ein, damit er nicht unnötig in die Kälte raus muss, achtete aber darauf, die Filter der drei Luftreiniger in seiner Anwesenheit zu reinigen. „Schau mal, mit solch einer schwarzen, zähen Schicht muss sich Deine Lunge abplagen.“

Dem schwer erkälteten Mann ging irgendwann regelrecht die Kraft aus, noch richtig abzuhusten. Da stiegen mir vor hilfloser Verzweiflung die Tränen in die Augen. Plötzlich entriß ich ihm die Kippe und drückte ihm das Podsystem in die Hand. Völlig verblüfft zog Rolf daran und das wars.

Von dem Moment an hat meine bessere Hälfte keine Tabakzigarette mehr angefasst.

Später habe ich natürlich nachgebohrt, was ich die Jahre davor falsch gemacht hätte. Warum Rolf nicht schon früher umgestiegen ist. – Achselzucken.

Jutta