Guten Tag, mein Name ist Christian S, 49 Jahre alt und Raucher, seit ich mit 14 damit angefangen habe. Ich bin einer der Unverbesserlichen, die zu Hause, im Bett und im Auto rauchen und das für ganz normal halten. Meine Marke: Gitanes, möglichst ohne Filter, und davon eine oder zwei Schachteln am Tag. Meine Frau raucht rote Marlboro 100er – mindestens so viele wie ich.

Wir haben beide nie ernsthaft versucht, mit dem Rauchen aufzuhören. Es hat mir immer Spaß gemacht und es gehört einfach zu mir. Gesundheitlich ging es mir immer gut damit, ein bisschen Atemnot beim Aufwachen in den letzten Jahren habe ich einfach ignoriert. Ist halt der Heuschnupfen!

Vor vier Jahren, in 2011, fand ich in einem IT Forum einen Nebensatz, der mich interessiert hat, weil mich alles Technische und Neue interessiert, da schrieb jemand: “der XY raucht ja nicht mehr, der hat jetzt so eine elektrische”. Häh? frag ich mich. Was hat der?

Also eben mal gesucht, was das heißen könnte. Von “Elektrischen” Zigaretten hatte ich noch nie was gehört. Was soll das sein, wie funktioniert das? Ist da Tabak drin und wird elektrisch verbrannt oder was? Und wozu?

Keine zehn Minuten später war ich fasziniert von einer Welt, die bislang komplett an mir vorbeigegangen war – Aha, das heißt “dampfen”. Aha, da ist gar kein Tabak drin. Ja aber was denn dann? Das wollte ich ausprobieren – die können ja viel schreiben.

Nach einer kurzen Suche nach Produkten und -tests habe ich meine Frau angerufen: “Du, ich bestelle gleich für viel zu viel Geld etwas Sinnloses zum Ausprobieren” – Sie kennt mich lange genug und sagt: “Ok, aber bring auf dem Heimweg eine Stange Kippen mit”. “Ok”.

Nun habe ich also für etwa 200 Euro Zeug bestellt – zwei “Starter Kits”, meine Holde soll ja auch was haben, verschiedene “Liquids”, “Ersatzverdampfer”. Wie ich jetzt weiß, waren das “Ego” in einer nachgebauten, polnischen Version.

Abends beim Essen habe ich meinen Fund meiner Frau gezeigt. Die war mindestens doppelt so skeptisch wie ich, aber ausprobieren kann mans ja mal und bestellt ist ja auch schon.

Am nächsten Tag war Freitag und abends haben wir die Beute begutachtet, die Lieferung war schnell. Wir haben uns mit den Dingern angefreundet, sie zusammengebaut und gefüllt. Währenddessen haben wir beide die letzte Zigarette unseres Lebens geraucht – ohne das zu wissen oder vor zu haben.

Der erste Zug an dem Ding war schrecklich. “HUST HUST Hust hust” – Boah, da kommt ja was. Ich hatte ein laues Lüftchen erwartet, etwas Nebel mit Discogeschmack. Bekommen habe ich einen Schlag in den Hals – das war starker Tobak (24mg “Desert Ship”, Kenner werden uns bemitleiden). Und das mir, dem Gitanes Mais richtig gut schmecken.

Aber der Geschmack – wie Kippe hat das nicht geschmeckt. Eher wie zuviel Gewürz. Eine Kräuterkippe vielleicht oder Kameldung. Aber ich hatte genug Liquids bestellt, “Lass und mal das andere versuchen” – Erdbeere oder Vanille, so genau weiß ichs nicht mehr. Das war erstaunlich. Rauchen und es schmeckt nicht nach Tabak. Aber angenehm – zumindest nachdem wir nicht mehr wie Ertrinkende an der Dampfe gezogen haben.

Wir waren beide baff. Haben uns angeschaut und ausgemacht, dass wir das das Wochenende über einfach mal probieren.

Und das wars dann mit dem Rauchen. Wir haben noch jeweils die Stange Gitanes und Marlboro in der Schublade – für Gäste, die wir bei uns noch Zigaretten rauchen lassen, auch wenn wir danach lange lüften =) Keiner von uns hat seit dem mehr Tabak geraucht – und das zufällig, ohne Absicht, ohne Zwang, ohne Entzug, ohne Pflaster, ohne Kaugummi.

Das Wochenende war gefüllt von Lesen, Ausprobieren, Auseinandernehmen, Verstehen – und von neuen Bestellungen. Bottom Feeder, Liquidstärken, Akkuträger, Verdampfertypen. Das klang alles total interessant und für mich Technik-Männchen auch nachvollziehbar. Her damit.

Ich hatte etwas Bammel vor den hohen Ausgaben, aber zwei Stangen Kippen in der Woche kosten 400 Euro im Monat. Wenn ich die wirklich nicht mehr kaufe, bleibt genug um das Eine oder Andere auszuprobieren und selbst wenn ich was drauflege – ein Kollege hat über Monate Hypnotherapie versucht, die Stunde für 100 Euro. Hat ihm auch nicht geholfen.

Unsere Gesundheit hat uns die Aktion gedankt – Blutwerte, Lungenwerte, Fitness sind besser als vorher.

Nach etwa sechs Wochen wurde es etwas schwieriger, wir bekamen beide Lust auf Zigaretten – eine typische Reaktion nach heutigem Kenntnisstand. Aber da hatten wir schon so lange nicht mehr geraucht, das wollten wir jetzt nicht wieder anfangen. Wir blieben die zwei Tage stur, die das gedauert hat und haben einfach etwas mehr gedampft. Dann wars vorbei und wir wussten, dass wir dabei bleiben möchten.

Interessanterweise ließ in den Jahren, die wir mittlerweile dampfen, der Suchtdruck deutlich nach. Früher war eine Zugfahrt von Frankfurt nach München ein Horror – vorher schnell noch zwei Kippen, nachher schon beim Aussteigen eine im Mundwinkel. Ich vermied das, wo ich konnte. Im Kino rausgehen zum Rauchen…

Als Dampfer ist man entspannter. Ein Kinoabend geht auch ohne Dampfe, eine Zugfahrt ist unangenehm, aber nicht unbedingt wegen des Rauchverbots.

Die Lage an der Technikfront hat sich inzwischen verändert. Die Dampfen, mit denen wir damals angefangen haben, würde ich heute nicht mal mehr jemandem zum Probieren anbieten, es gibt sie auch gar nicht mehr zu kaufen. Zu fummelig waren die, teuer und verhältnismäßig schwach auf der Brust. Die technische Entwicklung ist in diesem Bereich atemberaubend schnell und es gibt so viele Varianten, dass für alle Raucher etwas dabei sein sollte – und naturgemäß auch leider unübersichtliche und komplexe Geräte für Spezialisten.

Wenn man sich davon nicht verwirren lässt, findet man einfache und zuverlässige Geräte, die auch meine Nachbarin benutzen kann. Die ist knapp 80 und an Technik so gar nicht interessiert. Die Schwierigkeit dabei ist immer das Liquid, denn bis heute gibt es nichts, das wirklich nach verkokeltem Tabak schmeckt. Über diesen einen Schatten muss man springen und den Spaß an Apfel, Vanille, Kirsche oder Caipirinha-Geschmack finden. Oder an Zitronen-Buttermilch, Vanillepudding oder grünem Pfirsich-Tee mit Menthol. Oder Brathuhn (Empfehlung: Finger weg davon =)

Ich kann jedem Raucher nur empfehlen, das Dampfen wenigstens zu versuchen. Dampfen ist Rauchen 2.0 – die modernere, bessere und ja, besser schmeckende Alternative. Ohne den Tod.

Schon in 2011 gab es – für mich unverständlich – Versuche von Gesundheitsfanatikern, die Verbreitung der Dampfen einzuschränken. Damals dachte ich noch, man müsste es nur erklären, ihnen nahebringen, logisch argumentieren, die Argumente entkräften – wie das unter denkenden Menschen normal sein sollte. Ich habe das versucht. Per E-Mail, Briefen, persönlichem Gespräch, später auf Demonstrationen und sogar direkt in Brüssel.

Aber der Begriff “Fanatiker” ist offenbar sehr richtig, denn Argumente und Beweise haben die entsprechenden Menschen nie interessiert, nur ihre Vision von richtig und falsch. Und Dampfen gehört in diesem Denken leider zur Kategorie “falsch”. Ohne jede schlüssige Grundlage oder Argumentation.

Sollten diese extremen Ansichten, kondensiert in der TPD2, tatsächlich so umgesetzt werden, wie sie geschrieben sind, dann erschwert das vor Allem aktuellen Rauchern das Leben – und es kostet sie vielleicht auch das Leben. Denn mit den Beschränkungen der TPD2 werden Weiterentwicklungen der Technik erschwert oder verboten, die es ermöglichen würden, auch die andere Hälfte der Raucher zu erreichen, denen die Dampfe bislang nicht von den Kippen weg helfen konnte. Die effizienten, existierenden Systeme werden dann durch das ersetzt, was ich in 2011 zum dampfen benutzen musste – nur noch etwas weniger effizient, dafür teurer.

Die TPD2 ist eine staatliche Unterstützung der Tabakindustrie – und das macht mich wütend, denn die Regelung wird genau als das Gegenteil davon erklärt.
Man verurteilt Raucher zum Rauchen indem man die am besten funktionierende Alternative unterdrückt – ohne eine Begründung dafür, die irgendwie logisch wäre. Es ist eine Schande.

Mich selber betrifft die Neuregelung nicht wirklich, auch meine Umgebung nicht. Mittlerweile kann ich mir eine Dampfe aus einem Stahlrohr bauen, wenn das wirklich nötig sein sollte. Aber die Menschen, die jetzt noch unter dem Tabak leiden, ob sie es zugeben oder nicht, die haben die Alternative dann nicht mehr.

Aber so weit lassen wir es nicht kommen.

Chris S, Hessen